Fart Walk. Der Name klingt erstmal nach einem schlechten Witz. Aber genau dieser neue Trend aus den USA sorgt gerade dafür, dass Millionen Menschen nach dem Abendessen ihre Schuhe schnüren und noch eine kleine Runde drehen. Auf TikTok teilen Influencer ihre kurzen Spaziergänge, die sie mit einem breiten Grinsen „Fart Walk“ nennen.
Yes, du hast dich nicht verlesen und ja, du kannst Englisch und weißt, dass Fart „Furzen“ heißt. Oder etwas sanfter ausgedruckt: Pupsen.
Der Fart Walk ist also der Pups-Spaziergang? Genau.
Als Ayurveda-Coach musste ich schmunzeln, denn das, was jetzt als viraler Trend gefeiert wird, ist eigentlich eine uralte Empfehlung.
Was steckt hinter dem Fart-Walk-Trend?
Oprah hat vermutlich dazu beigetragen, dass dieser Trend nun wirklich viral gegangen ist. In einem Insta-Post zitierte sie kürzlich:
Fart Walking Is The Best Thing You Can Do For Your Digestion.
Cassie Hurwitz, Journalistin
Bekannt gemacht hat den Begriff „Fart Walk“ aber vermutlich Mairlyn Smith, eine kanadische Kochbuchauthorin. Auf TikTok drehte sie dazu einen Post und machte Werbung für den Fart Walk.
@mairlynthequeenoffibre The #fartwalk lady is me. I’m mostly on instagram as Mairlyn Smith so I didn’t know i was that cool over here 😂 #fartwalk #fartwalker #farts #hearthealthy #guthealthy #diabetesawareness #agingwell #aging
♬ original sound – mairlynthequeenoffibre
Seither hat sich der Begriff sehr schnell auf sämtlichen Social Media Plattformen verbreitet. Leute teilen unter dem Hashtag #fartwalk ihre eigenen Erfahrungen und täglichen Routinen.
Ein Fart Walk ist ein kurzer Spaziergang nach dem Abendessen. Gemütlich, kein Sportmodus, schon 10–15 Minuten reichen. Und wie der Name schon sagt, dürfen dabei auch die Winde entweichen.
Dabei ist dieser Trend nicht neu. Die Tante meiner Mutter sagt schon: „Nach dem Essen sollst du ruh’n, oder 100 Schritte tun.“
Im Ayurveda kennt man diese Routine unter dem Begriff Shatapavali. Das Wort bedeutet übersetzt „100 Schritte“. Und damit ist genau die Routine gemeint, nach dem Essen einen kurzen Verdauungsspaziergang zu machen.
In China sagt man dazu sàn bù und in Italien kennt man die Abend-passeggiata. Klingt auch schön.
Seit Jahrhunderten wird der Verdauungsspaziergang in vielen Kulturen praktiziert. Nur jetzt hat er einen coolen Namen bekommen und geht viral. Framing ist alles.
Wissenschaftlich belegt: Darum wirken Fart Walks
Nicht nur der Ayurveda sagt es seit tausenden von Jahren, auch die moderne Wissenschaft es zwischenzeitlich mit Studien belegt. Ein kurzer Spaziergang nach dem Essen:
- Kurbelt die Verdauung an – Bewegung stimuliert die Peristaltik (die Muskelbewegungen im Darm) und hilft, Nahrung weiterzutransportieren.
- Mildert Blutzucker-Spitzen ab – aktive Muskeln nehmen Glukose aus dem Blut auf, was Insulinspitzen reduziert.
- Lindert Blähungen und Völlegefühl – weil Luft im Bauch leichter entweichen kann.
- Reduziert Stress – sanftes Gehen senkt den Cortisolspiegel.
- Hebt die Stimmung – frische Luft und Bewegung setzen Endorphine frei.
Laut einer Studie aus 2023 mit dem wunderbaren Namen: “After Dinner Rest a While, After Supper Walk a Mile?“ wird belegt, dass es besonders effektiv ist, sofort nach dem Essen mit seinem „Fart Walk“ zu starten und nicht noch ewig zu warten.
Forscher des Hunter Medical Research Institute betonen, dass diese Wirkung sogar für Menschen mit Verdauungsbeschwerden wie Reizdarm hilfreich sein kann. Bei chronischem Reflux oder sehr empfindlicher Verdauung lohnt es sich hingegen, wirklich langsam zu gehen, die Dauer anzupassen und vor allem, auf den eigenen Körper zu hören.
Jede Art von sanfter Bewegung ist großartig, um den Darm in Schwung zu bringen. Ob es ein Spaziergang ist oder etwas Yoga. Beides hat nachweislich eine fördernde Wirkung auf die Magen-Darm-Beweglichkeit.
Maddie Gallivan, eine staatlich anerkannte Ernährungsberaterin aus UK
Ayurveda und der Fart Walk
Im Ayurveda ist Bewegung nach dem Essen eine klare Empfehlung und zwar sanft. Also keine Hot Yoga Einheit bitte und auch keinen Dauerlauf.
In den klassischen Ayurveda-Texten wird nach dem Essen ein kurzer, langsamer Spaziergang von etwa 100 Schritten empfohlen. Gleichzeitig wird vor anstrengenden Aktivitäten unmittelbar nach der Mahlzeit gewarnt.
Warum? Weil dein Agni – das „Verdauungsfeuer“ – optimal arbeiten kann, wenn es nicht durch zu viel Aktivität oder nur durch bloßen Herumsitzen direkt nach der Mahlzeit gestört wird. Agni steht nicht nur für Verdauung im Magen, sondern für deine gesamte Fähigkeit, Nahrung, Gedanken und Eindrücke zu verarbeiten. Ein stabil brennendes Agni bedeutet: Du hast Energie, fühlst dich klar und leicht.
Wenn Agni geschwächt wird, kann Ama entstehen. Ama sind Stoffwechselrückstände, die sich im Körper ansammeln können, wenn Nahrung nicht vollständig verdaut wird. Typische Anzeichen sind Schweregefühl, Blähungen, Müdigkeit nach dem Essen oder ein weißlich belegter Zungenrücken am Morgen. Durch einen kurzen, bewussten Spaziergang direkt nach der Mahlzeit unterstützt du deinen Körper, diese Rückstände gar nicht erst entstehen zu lassen.
Und dann ist da noch Prana, deine Lebensenergie. Im Ayurveda heißt es, dass das Zurückhalten von natürlichen Bedürfnissen den Fluss von Prana blockiert. Was sind solche natürlichen Bedürfnisse? Dazu gehören zum Beispiel Essen, Trinken, Schlafen. Aber auch Aufstoßen, Gähnen und eben auch Pupsen. Auch unterdrückte Tränen gehören dazu. Oder einfach auch das Bedürfnis, auf Toilette zu gehen. Wenn du solche Dinge immer wieder unterdrückst, kann das langfristig zu Verspannungen und innerem Stress führen. Ein leichter Spaziergang gibt deinem Körper die Chance, Spannungen loszulassen, Luft abzulassen und damit nicht nur deinen Bauch, sondern auch dein Nervensystem zu entlasten.
So wird aus dem Fart Walk mehr als nur ein TikTok-Trend: Er ist eine kleine, wohltuende Selbstfürsorge-Routine, die Körper, Geist und Energie in Einklang bringt.
Mein Blick auf diesen Trend
Abgesehen davon, dass hier etwas Uraltes einfach einen neuen, witzigen Namen bekommen hat, finde ich den Fart Walk großartig.
Er ist so herrlich unkompliziert: Du brauchst nichts weiter als deine Füße, ein bisschen Zeit und Kleidung, die zum Wetter passt. Kein Ernährungsplan, kein Fitnessprogramm, kein Abo fürs Gym. Kein Coach, keine App, keine fancy Ausstattung. Nur du und ein paar Minuten frische Luft.
Wenn beim Gehen ein bisschen Luft entweicht, umso besser! Wie du weiter oben gelernt hast, sollst du solche natürlichen Bedürfnisse nicht zurückhalten. Das ist ansonsten Stress pur für deinen Körper. Also sieh es als ganz natürliche Entlastung für Bauch und Nervensystem.
Und in diesen 10 bis 15 Minuten tust du mehr für deine Verdauung, deinen Blutzucker und dein Nervensystem als viele komplizierte Gesundheitsroutinen zusammen. Es kostet dich keinen Cent und gibt dir jedes Mal was zurück.
Also: Schuhe an, rausgehen, durchatmen. Dein Körper wird es lieben.

So integrierst du den Fart Walk in deinen Alltag
- Bevor du dich nach dem Abendessen aufs Sofa setzt: Raus und losgehen.
- Kein Powerwalking, du solltest nicht ins Schwitzen kommen. Einfach gemützlich ne Runde drehen.
- Hast du einen Hund? Nimm ihn mit, er wird diese neue Routine lieben und dich schon bald daran erinnern.
- Lass das Handy zu Hause oder mache es zumindest aus. Es ist okay, mal für ein paar Minuten nicht erreichbar zu sein.
- Achte auf deinen Körper. Wenn sich irgendwas unangenehm anfühlt, gehe langsamer oder warte ein paar Augenblicke, bevor du weitergehst (z.B. bei Reflux).
Fazit: Zeit für deinen Fart-Walk
Der Fart Walk ist mehr als ein TikTok-Gag. Er ist eine uralte, bewährte Routine. Ayurveda, chinesische Medizin und moderne Forschung sind sich einig: Sanfte Bewegung nach dem Essen tut gut, stärkt die Verdauung und sorgt für mehr Leichtigkeit am Abend. Es gibt kaum eine Routine, die so simpel ist und trotzdem so viele Benefits bringt.
Also los geht’s mit deinem (ersten?) Fart Walk heute Abend nach dem Essen.
Und wenn du Lust hast, mehr solcher Mini-Routinen kennenzulernen, die dich stärken und durch den Tag tragen, dann komm in meinen Newsletter.
Ich wünsche dir fröhliche Fart Walks, pass auf dich auf und bis bald.
Susanne
Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
Liebe Susanne,
und wer macht den Abwasch? Nein, im Ernst, ich finde das einfach großartig und musste schon lachen, als ich die ersten Sätze gelesen habe. Tatsächlich plage ich mich in meinen Wechseljahren gerade mit Blähungen herum. Dann werde ich den Abwasch einfach mal stehen lassen und 100 Schritte gehen. Bin gespannt, wie es mir gut tut. Danke für diesen erfrischenden und erleichternden Artikel!
Liebe Grüße
Susanne
Hey Susanne,
der Abwasch wartet ganz ganz sicher auf dich. Den wird dir keiner wegnehmen 🙂 Und jetzt bin ich natürlich neugierig: Wie oft durfte der Abwasch auf dich warten? Liebe Grüße
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